Berlin. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat den Bundesländern einen Digitalpakt angeboten, für den der Bund 200 Millionen Euro bereitstellt.
Nach seinen Plänen soll das Geld ausschließlich in Projekte zur Digitalisierung der Arbeitsabläufe in Gerichten und Staatsanwaltschaften fließen. Eine Co-Finanzierung des Bundes für zusätzliche Stellen, die der Koalitionsvertrag der Ampel ebenfalls verspricht, ist dagegen nicht Teil des Angebots.
„Nur ein Rechtsstaat, der technisch nicht hinterherhinkt, wird dauerhaft eine hohe Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern genießen“, heißt es in einem Schreiben Buschmanns an die Justizminister der Länder, über das die Deutsche Richterzeitung berichtet. Trotz der „stark veränderten, krisengeprägten Gesamtlage“ sei der Bund bereit, die Länder bei der Digitalisierung der Justiz zu unterstützen. Die ökonomischen Folgen des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine seien für den Bund enorm, wirbt Buschmann bei den Ländern für sein Angebot, das gegenüber dem Koalitionsvertrag deutlich abgespeckt ist. Beispielhaft nennt er „die besonderen Belastungen durch das Sondervermögen Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro und die drei Entlastungspakte, deren Summe auch etwa 100 Milliarden Euro entspricht, sowie die künftigen Zinslasten nebst rezessionsbedingten Einnahmeausfällen“. Dennoch sollen Buschmann zufolge im Haushaltsjahr 2023 die ersten 50 Millionen Euro bereitgestellt werden und in den kommenden Jahren in Summe 200 Millionen Euro vom Bund an die Länder fließen.
Kein Applaus für Buschmanns Vorschlag
Mit dem Vorstoß kommt zwar erste Bewegung in die Umsetzung des Rechtsstaats- und Digitalpakts. Applaus bekommt Buschmann dafür außerhalb der FDP aber nicht. „Mit solchen Beträgen ist kein Rechtsstaat zu machen“, twitterte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag und frühere Hamburger Justizsenator Till Steffen. „Der Koalitionsvertrag geht deutlich darüber hinaus und sieht ein stärkeres Engagement des Bundes vor.“ Auch die rechtspolitische Sprecherin der SPD im Bundestag und frühere Richterin Sonja Eichwede betonte: „Die Länder benötigen strukturelle Unterstützung sowohl für Personal als auch für die Digitalisierung. In diesen Krisenzeiten ist ein starker, moderner und wehrhafter Rechtsstaat wichtiger denn je.“
Länder fordern Verstetigung des ersten Rechtsstaatspakts
Die Bundesländer reagierten mit Unverständnis und Verärgerung auf die Pläne. Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) erklärte in der Deutschen Richterzeitung, der Bundesjustizminister habe den Ländern bislang allenfalls ein halbes Angebot zur Umsetzung des von der Ampel angekündigten Rechtsstaats- und Digitalpakts gemacht. Der Vorschlag, einzelne Digitalprojekte mit einem besonderen Bundesinteresse gezielt zu fördern, sei nicht annähernd ausreichend, um die großen Herausforderungen durch den digitalen Wandel in der Justiz zu bewältigen. „Die Länder haben dem Bundesjustizminister bereits vor Wochen eine sehr umfangreiche Liste der Aufgaben bei der Digitalisierung vorgelegt. Es geht dabei zum Beispiel um die länderübergreifende Vereinheitlichung der Justiz-Software, um eine verbesserte IT-Ausstattung, um zusätzliche IT-Fachkräfte und anderes mehr, für das weit mehr Unterstützung vom Bund erforderlich ist als die bislang angebotenen 200 Millionen Euro.“ Während der Vorschlag Buschmanns für einen Digitalpakt zu kurz greife, sei er den Ländern ein Angebot für eine Verstetigung des ersten Rechtsstaatspakts von 2019 bislang schuldig geblieben. „In diesem Punkt ignoriert der Bundesjustizminister den Koalitionsvertrag“, kritisiert Limbach. „Auch beim Personal steht der Bund aber weiterhin in der Mitverantwortung, weil er die Gesetze macht, die in der Justiz der Länder für stetig wachsende Aufgaben sorgen.“ Es brauche auch hier eine mehrjährige Co-Finanzierung des Bundes. „Die Länder werden darauf bestehen, dass am Ende ein Rechtsstaats- und Digitalpakt vereinbart wird, der hält, was der Koalitionsvertrag der Ampel verspricht“, kündigte Limbach an.