Kiel. In der Veranstaltungsreihe „Justiz im Dialog“ haben der Deutsche Richterbund (DRB) und der Schleswig-Holsteinische Richterverband am vergangenen Montag in den Plenarsaal des Kieler Landtages eingeladen. Dort wurden vor 150 Gästen aus Justiz, Politik und Verbänden Grundsatzfragen diskutiert, von denen die Zukunftsfähigkeit der Justiz abhängt. Als Podiumsgäste nahmen die DRB-Vorsitzende Andrea Titz und der stellvertretende Vorsitzende Dieter Killmer teil. Die Justiz der Gastgeber war durch Dr. Otto Carstens, Staatssekretär im Ministerium für Justiz und Gesundheit des Landes Schleswig-Holstein, sowie den OLG-Präsidenten Dr. Dirk Bahrenfuss vertreten, dessen Amtskollege Dr. Marc Tully die hamburgische Sicht beisteuerte. Zum Thema Personalausstattung wurde rasch deutlich, dass die durch den Rechtsstaatspakt 2019 angestoßene Stellenvermehrung längst aufgezehrt ist. Durch den rasanten Aufwuchs neuer Aufgaben in allen Justizbereichen sowie durch Massenverfahren und die Beaufschlagung der Gerichte seitens einer automatisiert vorgehenden Anwaltschaft muss die Justiz dringend personell und technisch nachgerüstet werden. Dieser Befund trifft zeitlich zusammen mit einer Verknappung von Arbeitskräften für alle Justizdienste und einer deutlich zu geringen, inflationsbedingt wegschmelzenden Besoldung. Es bedürfe bundesweiter Anstrengungen, außer der Digitalisierung gerade die Personalausstattung zu verbessern, damit sich der wachsende föderale Flickenteppich nicht noch weiter ausbreite und die Justiz in einzelnen Ländern vollends an die Wand drücke. Die lebhafte, mit Publikumsbeteiligung geführte Diskussion erbrachte daneben auch die Erkenntnis, dass die fortschreitende technische Entwicklung zwar dringend geboten sei, aber mitnichten eine „digitale Dividende“ für die Justiz abwerfe. Die Digitalisierung könne weder den Personaleinsatz pro Fall reduzieren noch zu einer signifikanten Einsparung von Büroflächen führen. Auch in Zeiten häuslicher und mobiler Arbeitsmöglichkeiten bleibe der persönliche Kontakt in den Dienststellen sowohl mit dem Kollegium als auch mit dem rechtsuchenden Publikum fundamental für die Qualität und die Akzeptanz der Justiz. |