Menschenrechtspreisträger des Deutschen Richterbundes bewegen die Welt

Berlin. Die Menschenrechtspreisträger des Deutschen Richterbundes (DRB) sind aktiv im Namen des Rechts.

So hat der syrische Rechtsanwalt Anwar al-Bunni seinen Anteil am weltweit ersten Prozess gegen mutmaßliche Helfer des Assad-Regimes. Von Deutschland aus arbeitet er Menschenrechtsverbrechen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad auf. Mit seinen Recherchen hat er zu mehreren Ermittlungen beigetragen, beispielsweise auch zu denen, auf die der Prozess gegen die zwei mutmaßlichen syrischen Ex-Geheimdienstfunktionäre wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Oberlandesgericht in Koblenz fußte. Das Urteil gegen den ehemaligen Vernehmungschef in einem syrischen Geheimdienst-Gefängnis Anwar R. in Deutschland war möglich, weil das Weltrechtsprinzip gilt: Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen können verfolgt werden, obwohl diese im Ausland und an Ausländern verübt wurden. So könnten deutsche Richter und Staatsanwälte nach Ansicht von al-Bunni, dazu beitragen, „das Leben von Hunderttausenden Menschen in der Welt zu retten“.

Hoffnung auf eine Übergangsjustiz

Al-Bunni saß selbst fünf Jahre lang wegen seiner Kritik am syrischen Staat im Gefängnis – so auch während der Verleihung des DRB-Menschenrechtspreises im Jahr 2009. Er hat sich trotz Einschüchterungen und Diffamierungen für die Einhaltung der Menschenrechte in Syrien eingesetzt, verteidigte Dissidenten und Bürgerrechtler vor Gericht. Auch al-Bunni wurde vom syrischen Geheimdienst bedroht. 2014 floh er mit seiner Familie nach Deutschland und lebt seitdem in Berlin.

Seit 2011 haben die Menschen in Syrien einen blutigen Bürgerkrieg mit mindestens einer halben Million Toten erlebt. Im Dezember 2024 endete überraschend die jahrzehntelange Diktatur des Assad-Regimes. Der Neuanfang unter dem politischen Anführer Ahmed al-Scharaa ist jedoch fragil und die Zukunft Syriens ungewiss. Nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen waren während des Assad-Regimes mehr als 200.000 Frauen und Männer in den Gefängnissen des syrischen Geheimdienstes inhaftiert. Sie wurden dort erniedrigt, vergewaltigt und gefoltert. Mazen Darwish und al-Bunni haben deshalb beim Generalbundesanwalt weitere Strafanzeigen gegen hochrangige Mitarbeiter des Geheimdienstes gestellt – in der Hoffnung, dass auch sie für die Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden können. Für seine Arbeit wurde al-Bunni 2018 mit dem deutsch-französischen Preis für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ausgezeichnet. Er setzt für die Zukunft Syriens auf eine Übergangsjustiz.

Als Korruptionsjäger verjagt

International viel Beachtung hat auch der ehemalige kolumbianische Richter Iván Velásquez erfahren, den der Deutsche Richterbund 2012 mit dem Menschenrechtspreis des Verbandes ausgezeichnet hat. Er erhielt die Auszeichnung für seinen mutigen Einsatz für die Menschenrechte, insbesondere während seiner Tätigkeit als Ermittlungsrichter am Obersten Gerichtshof der Republik Kolumbien. Er war maßgeblich verantwortlich für die juristische Aufarbeitung der kriminellen Verbindungen hoher Amtsträger und Politiker zu paramilitärischen Gruppen. Seine Untersuchungen führten zur Verurteilung von fast 50 ehemaligen Mitgliedern des Kongresses. „Dieser Preis kann nur als Anerkennung für die vielen herausragenden Persönlichkeiten in meinem Heimatland verstanden werden: Richter, Anwälte, Justizangestellte, die sich mit ihrem Leben für die Wahrung der Menschenrechte und für die Aufklärung von Unrecht eingesetzt haben“, sagte Iván Velásquez damals in seiner Dankesrede.

Velásquez war auch für die Internationale Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) im Einsatz. Seine Erfolge haben der Justiz in Guatemala Glaubwürdigkeit zurückgebracht. Doch als er gegen Präsident Jimmy Morales ermittelte, wendete sich das Blatt und Morales drängte die UN-Ermittler aus dem Land. Seit Juni 2025 liegen nun gegen ihn und weitere ehemalige Korruptionsermittler Haftbefehle in Guatemala vor.

2018 wurde Velásquez mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Gemeinsam mit der Juristin Thelma Aldana, die bis zum Frühjahr 2018 Generalstaatsanwältin in Guatemala war, erhielt er den undotierten Ehrenpreis für die Ermittlungen gegen den ehemaligen Präsidenten Otto Pérez Molina. Bei einem Deutschlandbesuch 2019 hob Velásquez die Bedeutung der Staatsanwälte und Richter im Kampf gegen autoritäre und autokratische Regime hervor: „Der Kampf für Demokratie hängt immer von der Stärke und Unabhängigkeit der Justiz ab.“ Aktuell ist Velásquez kolumbianischer Botschafter beim Heiligen Stuhl; zuvor war er fast drei Jahre lang Verteidigungsminister seines Landes.

Nasser Zarafshan verteidigt Berlinale-Regisseur

Ein weiterer Träger des DRB-Menschenrechtspreises machte 2020 Schlagzeilen. Der 2007 ausgezeichnete Anwalt Nasser Zarafshan verteidigt den iranischen Regisseur Mohammad Rasoulof, der auf der Berlinale 2020 den Goldenen Bären gewonnen hat. Der Iran wirft Rasoulof, der inzwischen aus dem Land geflüchtet ist, Propaganda gegen das System vor.

Seine Landsfrau Nasrin Sotudeh wurde 2020 in Abwesenheit mit dem DRB-Menschenrechtspreis geehrt. Sie war im Juni 2018 im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Anwältin verhaftet worden und wurde nach Angaben der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) zu mehr als 30 Jahren Haft sowie 148 Peitschenhieben verurteilt. Zunächst war die Menschenrechtlerin im berüchtigten Evin-Gefängnis inhaftiert. Zwischen August und September 2020 trat sie in einen fast 50 Tage dauernden Hungerstreik, um auf die schlimmen Zustände in iranischen Gefängnissen während der Corona-Pandemie aufmerksam zu machen. Während der Iran während der Pandemie zahlreiche Inhaftierte entließ, blieben Sotudeh und andere politische Gefangene hinter Gittern. Der Hungerstreik beeinträchtigte Sotudehs Verfassung massiv, sodass ihr Gesundheitszustand lebensbedrohlich war. Aktuell ist die iranische Menschenrechtsverteidigerin aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend aus dem Gefängnis entlassen, doch jederzeit darauf eingestellt, ihre Haftstrafe wieder anzutreten.

Unermüdlicher Kampf

Sotudeh gehört weltweit zu den bekanntesten iranischen Menschenrechtsverteidigern. Sie hat unter anderem Schirin Ebadi verteidigt, die 2003 den Friedensnobelpreis erhielt. Zuletzt setzte sich Sotudeh für Frauen ein, die gegen das Kopftuchgebot protestierten. Bereits 2010 wurde sie wegen angeblicher Propaganda gegen das System zu elf Jahren Gefängnis verurteilt, kam aber 2013 nach internationalen Protesten frei. Auch nach ihrer erneuten Verhaftung im Jahr 2018 kämpft sie unermüdlich weiter, um auf die prekären Bedingungen politischer Gefangener und die systematischen sowie weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen im Iran aufmerksam zu machen.

Die mit dem DRB-Menschenrechtspreis 2023 ausgezeichnete venezolanische Richterin Maria Lourdes Afiuni nahm ihre Auszeichnung entgegen stellvertretend „für all die Stimmen, die nicht gehört worden waren, für all die Gesichter, die nicht gesehen wurden, für all diejenigen, die diese Welt verlassen haben, ohne die Wiederherstellung ihrer Rechte erleben zu können.“ Als Richterin eines Strafgerichts (Control Court of Caracas) wurde sie im Dezember 2009 verhaftet. Ihr wurde zur Last gelegt, einen inhaftierten Geschäftsmann, dem Finanzstraftaten vorgeworfen wurden und dessen Untersuchungshaft bereits deutlich die zulässige Höchstdauer von zwei Jahren überschritten hatte, zu einer überwachten Bewährung gegen Kaution aus der Haft entlassen zu haben. Eine UN-Arbeitsgruppe hatte zuvor festgestellt, dass eine willkürliche Inhaftierung vorlag. Nach der Flucht des Mannes ins Ausland forderte der damalige Präsident Hugo Chávez in landesweit ausgestrahlten Live-Sendungen eine Freiheitsstrafe von 30 Jahren für die Richterin; von Simón Bolívar wäre die „Banditin mit dem Schwert erschlagen“ worden.

Mission noch nicht beendet

Afiuni blieb mehr als ein Jahr ohne Haftbefehl im berüchtigten Frauengefängnis INOF hinter Gittern. Schließlich wurde sie wegen „Korruption, Amtsmissbrauch, Fluchthilfe und Vereinigung zur Begehung von Straftaten” angeklagt und wegen „spiritueller Korruption” zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Das Gerichtsverfahren, das zahlreiche elementare Rechtsgrundsätze verletzte, dauerte insgesamt zehn Jahre und endete erst 2019. Während ihrer Inhaftierung wurde Afiuni körperlich und psychisch misshandelt. Sie war Morddrohungen ausgesetzt und ihr Leben war ernsthaft gefährdet. Während ihrer Genesung nach einer Notoperation wegen einer Krebserkrankung wurde sie 2011 unter Hausarrest gestellt und im Juni 2013 unter Auflagen auf Bewährung entlassen. Ihr ist es weiterhin untersagt, einen Beruf auszuüben, das Land zu verlassen oder ihr Bankkonto und soziale Netzwerke zu nutzen. Trotz des hohen Preises, den sie für ihre Freiheit und die Verteidigung der Menschenrechte zahlen musste, ist für Afiuni die Mission, für menschliche Werte zu kämpfen, noch nicht beendet.

Dies gilt auch für den vietnamesischen Rechtsanwalt Nguyen Van Dai. Er erhielt im Jahr 2017 in Abwesenheit den DRB-Menschenrechtspreis. Von Deutschland aus versucht er, seine Landsleute in Vietnam zu unterstützen. Dai nutzt soziale Medien, um auf Menschenrechtsverletzungen durch das kommunistische Regime aufmerksam zu machen, und setzt sich weiterhin für seine Landsleute ein. Im April 2018 wurde Dai in Hanoi gemeinsam mit fünf weiteren Bürgerrechtlern zu Haftstrafen zwischen sieben und fünfzehn Jahren verurteilt. Kurz darauf durfte er überraschend ausreisen.

Als Zwanzigjähriger ging der damalige Elektrotechniker 1989 in die DDR und erlebte dort den Mauerfall und die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands. Diese Ereignisse haben ihn entscheidend geprägt. 1990 kehrte er nach Vietnam zurück, studierte Jura und arbeitete später als Anwalt in Hanoi. Besonders engagierte er sich für verfolgte Christen und unterstützte religiöse Gemeinschaften, Dissidenten, politische Aktivisten sowie unabhängige Gewerkschaften mit kostenloser Rechtsberatung. Bereits 2007 wurde er wegen „anti-sozialistischer Propaganda“ verurteilt und verbrachte mehrere Jahre in Haft sowie anschließend in Hausarrest. Die Verleihung des Menschenrechtspreises 2017 war für ihn eine wichtige Weichenstellung: „Der Menschenrechtspreis trug zum Druck auf die kommunistische Regierung in Vietnam bei, mich vorzeitig freizulassen.“

Allgemeine Menschenrechte und Grundfreiheiten weltweit stärken

Der Richterbund wählt regelmäßig weltweit herausragende Persönlichkeiten aus, die sich für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit einsetzen. Damit will der Verband einen Beitrag leisten, um die allgemeinen Menschenrechte und Grundfreiheiten zu schützen und zu stärken. Ausgezeichnet werden Persönlichkeiten oder Organisationen aus der Richterschaft, der Staatsanwaltschaft oder der Rechtsanwaltschaft, die sich unter Einsatz von Leben, Gesundheit, persönlicher Freiheit oder unter Inkaufnahme sonstiger schwerer persönlicher Nachteile für die Wahrung und Durchsetzung rechtsstaatlicher Prinzipien einsetzen.

 

Ansprechpartner

Bild von Matthias Schröter Matthias Schröter Pressesprecher
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