Warschau/Berlin. Die umstrittene Disziplinarkammer des Obersten Gerichts in Polen hat die Immunität des regierungskritischen Richters Igor Tuleya aufgehoben.
Er dürfe nicht mehr an Verfahren mitwirken und seine Bezüge würden um 25 Prozent gekürzt, teilte das Gericht mit. Der Deutsche Richterbund (DRB) kritisierte den Vorgang. Die Regierung in Warschau ignoriere den Europäischen Gerichtshof, der die weitere Tätigkeit der politisch abhängigen Disziplinarkammer untersagt hatte. „Die PiS-Regierung stellt sich durch die unbeirrte Demontage des Rechtsstaates in der EU ins Abseits“, sagte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn.
Auch die europäischen Richtervereinigungen haben sich tief besorgt über Tuleyas Fall sowie die anhaltenden Angriffe auf die Unabhängigkeit der polnischen Justiz gezeigt. In einem gemeinsamen Schreiben an den Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, fordern sie die EU auf, dringend auf die polnische Rechtsstaatlichkeitskrise zu reagieren und darauf zu achten, dass die polnische Regierung geeignete Schritte unternimmt, die Unabhängigkeit der Justiz wieder herzustellen. Die Dringlichkeit wird auch durch eine von der polnischen Richtervereinigung Iustitia initiierte Petition europäischer Richterinnen und Richter an die Europäische Kommission unterstrichen. Diese haben bereits tausende Richter aus ganz Europa unterschrieben.