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Stellungnahme des Bremischen Richterbundes zum Entwurf eines 19. Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften

Innerhalb des Bremischen Richterbunds wurde die in Artikel 2 Nr. 4 des Gesetzentwurfs vorgesehene Änderung von § 80 des BremBeamtG in der kurz bemessenen Stellungnahmefrist erörtert. Wir hätten uns gewünscht, dass bei der Stellungnahme zu der komplexen und vielschichtigen Materie, die aus unserer Sicht nicht mit einem einfachen ja oder nein zu beantworten ist, ein angemessener zeitlicher Vorlauf gegeben worden wäre. Es geht hier nämlich nicht allein um die Einräumung eines Wahlrechts, welches für sich genommen auf den ersten Blick positiv zu bewerten wäre, sondern auch um grundlegende Systemfragen des Krankenversicherungsschutzes für unsere Mitglieder mit Auswirkungen auf alle Mitglieder einer privaten oder gesetzlichen Krankenversicherung.

Die weit überwiegende Zahl der Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter ist mit der langjährig bestehenden Regelung der Krankenversicherung durch Leistungen der Beihilfe und der ergänzenden privaten Krankenversicherung zufrieden. Diese stellt ein wesentliches Attraktivitätsmerkmal für das Beamtenverhältnis dar, das das eher bescheidene Besoldungsniveau zu gewissen Teilen ausgleicht.

Dieses System unterstützen wir auch weiterhin und wünschen daran keine grundsätzlichen Änderungen.

Einheitlich begrüßt wird allerdings der Umstand, dass der Bremische Dienstherr nunmehr davon Abstand nehmen will, auf Kosten seiner bisher (auch zwangsweise) freiwillig gesetzlich versicherten Beamtinnen und Beamten zu sparen. Hat er doch bisher dieser Gruppe, zu denen insbesondere auch Personen gehören, die wegen ihrer Vorerkrankungen überhaupt nicht in einem Prozenttarif der privaten Krankenversicherung Aufnahme finden konnten, verwehrt, sich an deren Kosten der dann “freiwilligen“ Vollversicherung zu beteiligen. Diese Kollegen zahlen seit Jahren vollständig allein für ihre Vollversicherung. Beihilfeleistungen können sie als vollversicherte Personen nicht in Anspruch nehmen. Dieser ungerechte Umstand wird durch das geplante Gesetz zumindest verringert. Zwar erhalten diese Personen, immer noch nicht den gleichen guten privaten Versicherungsumfang, wohl aber beteiligt sich der Dienstherr endlich an ihren Krankenversicherungskosten, anstatt die Kostenersparnis durch ersparte Beihilfeleistungen einzubehalten.

Aus den verschiedensten Erwägungen mag es für die Kolleginnen und Kollegen attraktiver sein, Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung zu bleiben. Zu nennen wären dort vor allem finanzielle Erwägungen bei kinderreichen Familien oder aber hohe Versicherungstarife bei entsprechenden Vorerkrankungen. Die Alternative sollte aber nicht der Wechsel in die der Budgetierung unterworfenen gesetzlichen Krankenkasse sein, sondern ein angemessener Ausgleich in Form der Erhöhung der Beihilfeleistungen für diesen Kreis der

Beamtinnen und Beamten, so dass die prozentuale Versicherung in der privaten Krankenversicherung sich auch für diese Gruppe wieder lohnt.
Der Dienstherr kann sich nicht einfach seiner Fürsorgepflicht für diese Gruppe entledigen, indem er den hälftigen Beitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. im Basistarif der privaten Krankenversicherung übernimmt. Durch den jetzt gewählten Weg entsteht der Eindruck, dass für diese Gruppe seiner Bediensteten, die wohl insgesamt jeweils mehr aus der Krankenkasse beziehen wird, als dass sie in dieses System einzahlt, das Kostenrisiko auf die Gemeinschaft der gesetzlich Versicherten übergeleitet wird. Weiterhin bleibt anzumerken, dass der Dienstherr auf die Ausgestaltung der Leistungen der gesetzlichen und auch privaten Krankenversicherung im Gegensatz zum Leistungskatalog der Beihilfe nur bedingt Einfluss hat.

Vielmehr wäre der Dienstherr gehalten, seiner Fürsorgepflicht dadurch nachzukommen, dass er zum Beispiel die Beihilfeleistungen für Kinder seiner verbeamteten Bediensteten deutlich erhöht.

Während es in allen anderen Bundesländern, also auch im benachbarten Niedersachsen und im Bund mit Ausnahme von Hessen gang und gäbe ist, Bedienstete mit zumindest zwei Kindern eine Beihilfe von 70% zu gewähren, so dass eine private Krankenversicherung lediglich für die fehlenden 30% finanziert werden muss, beträgt diese in Bremen nur 60%. Auch die mitversicherten Kinder selbst haben in Bremen in dieser Konstellation nur einen Beihilfeanspruch von 60 %. Dieser liegt in den anderen Bundesländern und im Bund wieder mit Ausnahme von Hessen bei durchgehend 80%.

Daran anschließen sollte sich auch eine Erhöhung der Beihilfesätze für die Versorgungsempfänger, die in Bremen bei 60%, in allen anderen Bundesländern außer in Hessen aber bei 70% liegt.

Dies sind aber entscheidende Faktoren dafür, dass sich junge Bedienstete mit ihren Familien nach Bremen begeben und hier ihren Dienst aufnehmen. Diese ungleich schlechtere Behandlung insbesondere von Familien mit Kindern ist damit – gerade in Ansehung des auch in Bremen angekommenen Problems des Nachwuchsmangels – ein nicht zu unterschätzender Standortnachteil und nicht zu rechtfertigen.

Aus dem Gesetzesvorschlag und seiner Begründung ergibt sich im Übrigen nicht einmal ansatzweise, wie der Dienstherr absichert, dass die geplante zu gewährende Pauschale nicht zu Steuernachteilen führt.

Aus Fürsorgeerwägungen gegenüber seinen Bediensteten muss der Dienstherr zumindest seinen erhöhten Aufklärungspflichten gerecht werden, bevor er deren unwiderrufliche Entscheidung über das Krankenversicherungssystem entgegennimmt. So werden sich für die Bediensteten, die sich für die gesetzliche Krankenversicherung entscheiden, bei einem Wechsel des Dienstherren größere Probleme ergeben. Ist doch bisher lediglich in Hamburg das System einer Pauschale, die den hälftigen Beitrag einer Krankenversicherung im Basistarif beträgt, eingeführt. Wechselt der Beamte in ein Bundesland, das ein solches Pauschalsystem nicht eingeführt hat, wird der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung plötzlich wieder voll zu tragen sein. Auch muss berücksichtigt werden, dass im Alter alle vorhandenen Einkünfte, sei es aus privaten Renten, Mieten oder Kapitalerträgen

teilweise ebenfalls verbeitragt werden müssen. Zumindest diese Hinweispflichten sollten in das Gesetz aufgenommen werden, wenn schon – wie eigentlich sinnvoll und aus unserer Sicht geboten - nicht im bestehenden Beihilfesystem den bestehenden Ungerechtigkeiten begegnet werden soll.

Längst überfällig ist auch die Rücknahme der Kostendämpfungspauschale aus § 12a der BremBeihVO. Die Praxisgebühr in der gesetzlichen Krankenversicherung, die als einer der Gründe für die Einführung der Kostendämpfungspauschale angeführt wurde, besteht bereits seit 2013 nicht mehr. Dieser Selbstbehalt stellt faktisch eine Kürzung des ohnehin schon niedrigen prozentualen Beihilfesatzes dar. In den meisten Bundesländern und insbesondere im Nachbarland Niedersachsen ist sie bereits wieder abgeschafft worden. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Bremischen Beamten dieses Sonderopfer auch weiterhin erbringen sollen und ein weiterer Nachteil bei der Nachwuchsgewinnung bestehen bleibt.

Bremen, 28.02.2019
Der Bremische Richterbund